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Lebensmittengeschichten aus dem Ehrenamt

  • Autorenbild: Uta Lewien-Schmidt
    Uta Lewien-Schmidt
  • 12. Okt.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 13. Okt.

Sicherlich werdet ihr es gemerkt haben...hier herrschte Stille, die Lebensmittengeschichten hatten eine längere Pause. Nicht weil mir vielleicht der "Stoff aus dem richtigen Leben" ausgegangen wäre...Nein, ich habe mal einen kleinen perspektivischen Blick hinter die Kulissen des Ehrenamtes geworfen. Daher heute:


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Erkenntnisse nach zwei Jahren Ehrenamt in Nachbarschaftshilfe und dem Projekt im Kampf gegen Einsamkeit "Baunataler Schnuddelbank".



Seit mehr als zwei Jahren engagiere ich mich ehrenamtlich in der Nachbarschaftshilfe Baunatal zusammen mit einer sehr geschätzten Freundin Carla Giese. Hintergrund war, dass wir "einfach nur helfen wollten" ohne viel Bürokratieaufwand und anderen Hemmnissen. Gestartet mit einem Angebot, wie es sich zum Glück in Zeiten der Corona-Pandemie vielerorts gefunden hatte. Aber auch ohne Pandemie brauchen Menschen Unterstützung. Ohne Hürden einfach helfen. Die Hilfe in der Not - einspringen mit einer guten Tat bis die professionelle Hilfe greift - war das Programm. Aber sehr schnell holte uns auch die Realität ein. Die tatsächliche Not der Menschen, die um Hilfe anfragten, war groß. Und nicht immer konnten wir so einspringen, wie wir es gerne getan hätten. Gesetzliche Regelungen und Bestimmungen, der Kampf sich in diesem System als älterer Mensch durchzufragen, um Anträge zu stellen und Nachweise zu erbringen, kostet viel Kraft. Die Lücken in der Versorgung der Pflegeversicherung unter dem Namen von "Haushaltsnahen Dienstleistungen" zeigte die Praxis sehr schnell. Auch, dass der Bereich Pflege oft ziemlich allein gelassen wird. Versprechungen und Applausbekundungen lösen die Herausforderungen nicht. Zulange wurde von Seiten der Verantwortlichen weggeschaut. Und das ist Fakt. Und wir, die Babyboomer strömen erst noch in den kommenden Jahren auf den Anfragemarkt der Pflege. Bislang versuchen wir mit den Nöten und Bedürfnissen unserer älter gewordenen Eltern irgendwie klar zu kommen. Nicht immer einfach. Und ja, ein Großteil der Sorgearbeit wird immer noch von Frauen neben Familie und Beruf geleistet.

Diese Zeit war eine Schule der Menschlichkeit, die meine Sicht auf unsere Gesellschaft und das Helfen grundsätzlich verändert hat...

Weitermachen...

Aus dem Weitermachen ist die Baunataler Schnuddelbank entstanden. Ein Projekt mit einem niedrigschwelligen Gesprächsangebot, das im Rahmen des Bundesprojekts "Gemeinsam gegen Einsamkeit" des Kompetenznetzes Einsamkeit (KNE) eingetragen ist. Aber die Realität ist komplexer, als es der Name "Schnuddelbank" vermuten lässt. Am Anfang stand die naive Idee, einfach nur "gut" sein zu wollen. Doch schnell lernten wir: Das Ehrenamt im Kampf gegen Einsamkeit ist weit mehr als nur ein nettes Gespräch. Es ist eine zielgerichtete soziale Intervention.

Aus unserer ehrenamtlichen Arbeit haben wir gelernt, einen strukturierten Ansatz zu verfolgen: Wir brauchen Empathie, aber auch Wissen über Abgrenzung, Umgang mit Scham und das Netzwerk zur Vermittlung zu professionellen Angeboten. Unser Netzwerk ist zum Glück so gut aufgestellt, dass wir gut miteinander im Gespräch sind. Und...unsere Grenzen sehr wohl kennen. Effektives Helfen braucht neben dem Herz, auch den Kopf und den Kontakt zu den geschulten Organisationen.


Mauern im Kopf und das Tabu der Einsamkeit

Viele Menschen nicht nur, aber gerade Ältere, sind Meister darin, ihre Isolation zu kaschieren. Es braucht Geduld, Beständigkeit und die Erkenntnis, dass wir diese Mauern nicht einreißen, sondern nur Türöffner sein können. Manchmal ist der größte Erfolg, wenn jemand nur mal vorbeischauen kann und merkt, "hier werde ich gesehen, ohne mich erklären zu müssen." Dennoch haben sich dort Menschen gefunden, die wieder Mut und Vertrauen gefasst haben. Sie schauen wie wir wieder genauer hin, ob Menschen Hilfe benötigen. Diese schließen sich zusammen und leisten wieder Hilfe zum Alltag, so wie es im Rahmen der solidarischen Gemeinschaft immer war. Nicht vergessen...wir Menschen sind Rudeltiere...wir brauchen einander.



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Luxusprobleme: Die Kehrseite des Engagements

Nach mehr als zwei Jahren Projektdauer kommt man nicht umhin, die eigenen Sorgen zu relativieren. Wenn man hört, wie tief die soziale Not mancher Menschen ist, erscheinen Debatten um die neueste APP statt Print der Wochenzeitung, als eher nebensächlich. Zumal immer noch nicht allen Menschen die digitale Teilhabe uneingeschränkt möglich ist. Es gibt immer noch Menschen, in deren Erwerbsbiografie die Digitalisierung keine entscheidende Rolle spielte.

Ehrenamtliche wollen helfen, aber nicht Formulare ausfüllen. Die Balance zwischen Herzblut und Struktur ist eine ständige Herausforderung. Wir kämpfen mit der Fluktuation im Ehrenamt, Anerkennung unserer Arbeit, Förderkriterien...Gerade wir von der Schnuddelbank sind auf uns selbst gestellt, um das Projekt Jahr für Jahr weitervoranzutreiben. Aber wir möchten auch hier den großen Dank an unsere Engagierten, der Unterstützung (Rat und Tat und Nutzung des Raumangebots) des Freiraum im Zentrum (FiZ) in Baunatal und weiteren Unterstützern aussprechen. Eure Begleitung leistet einen großen Beitrag, der uns motiviert, nicht aufzugeben.


Und wir? Wir schenken Zeit, die kein Budget kaufen kann. Es ist die menschliche Brücke über die "Mauern im Kopf".

Deshalb mein Apell: Wer Zeit und Empathie hat, sollte diesen Weg gehen. Ehrenamtliches Engagement verändern nicht nur das Leben anderer. Sie verändern vor allem die eigene Perspektive auf das, was im Leben wirklich zählt. Und das ist unbezahlbar.


Die Schnuddelbank ist eine Eintrittspforte. Weitere Termine der Baunataler Schnuddelbank finden Sie auf der offiziellen Projektseite.


Fotos Quelle: Adobe Stock lizensiert #523949020


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