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Nach der Schlacht: Warum wir die unermüdliche Neugier von Kindern für eine menschlichere Demokratie brauchen

  • Autorenbild: Uta Lewien-Schmidt
    Uta Lewien-Schmidt
  • vor 2 Stunden
  • 3 Min. Lesezeit
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Manchmal gewinnt man eine Schlacht, und die Freude über den Erfolg ist groß. Doch auch Stunden nach dem Ende der Diskussion spürt man noch das Echo der Auseinandersetzung. So geht es mir nach der intensiven Debatte von gestern Abend.

​Es wurden Lösungen gefunden, aber eine Frage lässt mich nicht los: Warum muss es so wehtun? Je mehr ich darüber nachdenke, desto klarer wird mir, dass wir eine grundlegende Fähigkeit verlernt haben – eine Fähigkeit, die der Schlüssel zur Gewaltfreien Kommunikation ist.


Gestern Abend war es wieder so weit: Eine politische Debatte, die alles forderte. Die Luft knisterte, die Argumente prallten aufeinander wie Schwerter, die Emotionen schlugen hohe Wellen. Am Ende stand ein Erfolg: Die Demokratie hat gesiegt. Man hat sich durchgebissen und tragfähige Lösungen gefunden.

​Doch der Weg dorthin war unnötig steinig.

​Der wahre Preis dieser Siege liegt oft nicht in der Zeit, die wir in die Diskussion investieren, sondern in den Wunden, die wir schlagen. Zu viele harte Worte, zu viel Selbstdarstellung und – der schmerzhafteste Punkt, der Finger in der Wunde – zu viele persönliche Angriffe.

​Müssen wir in der Politik, im Unternehmen oder selbst am Küchentisch immer den Menschen hinter der Meinung persönlich attackieren, um unsere Sache zu vertreten? Das Argument mag gewinnen, aber die Beziehung verliert. Die Fronten verhärten sich.


Die kindliche Lektion: Vom Urteil zum Warum


Erinnern Sie sich an die unermüdliche Neugier, die wir als Kinder hatten? Wir haben "Warum?" gefragt, unzählige Male hintereinander. Nicht, um unsere Eltern anzugreifen oder inkompetent darzustellen, sondern aus einem tiefen, ehrlichen Bedürfnis: die Welt zu verstehen und Lösungen zu entschlüsseln.

​Ein Kind sucht keine Schwachstelle im Gegenüber. Es sucht eine Erklärung, eine Lösung für das, was ihm fehlt oder unklar ist. Es fragt, weil es ein fundamentales Bedürfnis nach Wissen hat.

​Genau diese Haltung ist der Schlüssel zur Gewaltfreien Kommunikation (GFK) in unseren hitzigen Debatten.


GFK: Das Bedürfnis hinter der Forderung


Wenn wir im politischen oder sozialen Streit stehen, neigen wir dazu, sofort zu urteilen:

​"Das ist doch ein egoistischer Vorschlag!"

​"Du bist weltfremd!"

​"Diese Forderung ist inkompetent."

​Die GFK lehrt uns, vom Urteil zur Beobachtung und vom Angriff zur Erforschung des Bedürfnisses zu wechseln. Anstatt zu kontern ("Nein, du liegst falsch!"), müssen wir uns die kindliche Neugier zurückerobern und fragen:

​"Welches Bedürfnis steckt hinter dieser Haltung? Warum ist diese Lösung für dich so essenziell?"

​Wenn jemand beispielsweise eine extreme Sparmaßnahme fordert, liegt das dahinterliegende Bedürfnis vielleicht nicht in der Boshaftigkeit, sondern in der tiefen Sorge um Stabilität und langfristige Sicherheit (finanzielle Bedürfnisse).

​Sobald wir das menschliche Bedürfnis erkennen, können wir es respektieren. Und ab diesem Moment wird der Gegner zum Partner bei der Suche nach einer gemeinsamen Lösung, die beide Bedürfnisse erfüllt. Wir diskutieren dann nicht mehr über "Deine Lösung vs. Meine Lösung", sondern über "Welche Lösung erfüllt unser gemeinsames Bedürfnis nach Stabilität, ohne das Bedürfnis nach Gerechtigkeit zu opfern?"

​Die Demokratie muss hart sein, ja. Ein Wettstreit der Ideen ist ihre Grundlage. Aber sie muss nicht verletzend sein. Wenn wir es schaffen, ein Stück unserer kindlichen Neugier zurückzugewinnen und diese auf die Bedürfnisse unserer politischen und gesellschaftlichen Gegner zu richten, wird der Weg zu den Lösungen zwar immer noch steinig sein – aber er wird menschlicher, ehrlicher und viel fruchtbarer.

​Lasst uns streiten, aber lasst uns vor allem fragen.



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